Dialyse
Allgemeines
Indikation
Hinsichtlich der Indikationen für eine Nierenersatztherapie werden absolute und relative Indikationen unterschieden.
Absolute Indikationen:
- therapierefraktäre Hyperkaliämie (> 6,0mmol/l)
- therapierefraktäre metabolische Azidose (pH < 7,2)
- therapierefraktäre Hypercalciämie
- urämische Komplikationen (Perikarditis, Blutung, Enzephalopathie)
- Intoxikationen mit dialysierbaren Substanzen
- therapierefraktäre Volumenüberladung
Gefäßzugang
Shaldonkatheter (abhängig von Körpergröße)
- Wahl: V. jug. int. rechts (ca. 15-17 cm)
- Wahl: Vv. femorales (ca. 24cm)
- Wahl: V. jug. Int. links (ca. 20cm)
- Wahl: Vv. subclaviae (ca. 15-20cm)
Nierenersatzverfahren
Es existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahren, die nach ihrem Mechanismus in Konvektionsverfahren, Diffusionverfahren und Mischformen unterschieden werden können. Alle Verfahren können bei Intensivpatienten gleichermaßen eingesetzt werden. Bei ausgeprägter hämodynamischer Instabilität sollte eine kontinuierliches oder prolongiertes intermittierendes Nierenersatzverfahren durchgeführt werden.
Diffusion | Konvektion | Hybrid |
---|---|---|
Intermitt. Hämodialyse | Intermitt. Hämoflitration | Intermitt. Hämodiafiltration |
Extended Daily Dialysis (EDD) | Accerleated venovenous Hemofiltration | Extended Daily Dialysis mit Filtration |
Slow- low efficiency Dialysis (SLEED) | Slow continous ultrafiltration (SCUF) | Sustained Low-Efficiency Daily Dialysis |
Kont. venovenöse Hämodialyse (CVVH) | Kont. venovenöse Hämofiltration | Kont. Venovenöse Hämodiafiltration (CVVHDF) |
Antikoagulation
Auf Grund der großen Fremdoberfläche des Dialysesystems erfolgt eine Aktivierung des Gerinnungssystems. Es ist daher eine Antikoagulation während der Dialyse notwendig. Dafür kommen in systemische oder regionale Verfahren in Frage.
- Heparin (PTT 50-60s)
- NMH (Anti-Xa 0,3 – 0,6UI/ml)
- Regionale Citrat-Antikoagulation
Siehe auch: S3-Leitlinie Nierenersatztherapie in der Intensivmedizin
Citrat-Dialyse
Allgemeines
Um die Komplikationen einer systemischen Antikoagulation zu minimieren, kann eine regionale Antikoagulation mit Citrat durchgeführt werden. Hierbei wird Citrat vor dem Dialysefilter zugeführt und komplexiert freies Calcium, welches damit nicht mehr als Kofaktor für die Enzyme der Gerinnungskaskade zur Verfügung steht. Zur Berechnung des Volumenentzugs muss für die Bilanz die zugeführte Citratmenge von der Ultrafiltrationsmenge abgezogen werden.
Im RICH-Trial konnte gezeigt werden, dass durch regionale Citrat-Antikoagulation zur Dialyse im Vergleich zu einer Heparin-Therapie eine relevant längere Filterstandzeit erreicht werden kann. Ob das patientenzentrierte Outcome hiervon profitiert, ist ungeklärt. Die S-3 Leitlinie empfiehlt daher den gleichwertigen Einsatz von systemischer Heparin- Antikogulation und Citrat-Antikoagulation in Abhängigkeit Patientenspezifischer Faktoren.
Monitoring
Bei Einsatz der Citratantikoagulation müssen zur Vermeidung und Detektion von Nebenwirkungen Elektrolyte und Saäure -Basen-Haushalt überwacht werden.
- Natrium
- Gesamt-Calcium
- pH
- Laktat
- HCO3
Besonderheiten
Die Antikoagulation mit Citrat führt zu einem besonderen Nebenwirkungsprofil. Siehe dazu auch Komplikationen. Dies ist bedingt durch:
- Chelatierung 2-wertiger Ionen mit nachfolgendem Mangel
- Hypernatriämie wegen zuFuhr von Citrat als Trinatriumsalz
- Citratakkumulation
Komplikationen
Hypokalzämie
Systemische Hypocalcämie durch Citratwirkung. Ab einem ionisierten Calciumwert von < 0,9mmol/l (BGA) intravenöse Calciumsubstitution beginnen. Vorher Gesamt-Calcium messen zur DD (siehe unten).
Metabolische Azidose/ Citrat-Toxizität durch reduzierten Metabolismus
Deutlich erniedrigtes ionisiertes Calcium (BGA), jedoch erhöhtes Gesamt-Calcium (im Zentrallabor messen/ nachmelden! Totales/ionisiertes Calcium > 2,5). Erhöhtes Risiko bei schwerem Leberversagen, Laktazidose und/ oder manifestem Schock. Metabolische Azidose durch reduzierten Metabolismus, aber auch durch Bikarbonat- und Calcium-Citratverlust in das Dialysat. Auftreten bei intermittierender Dialyse selten. Systemische Calciumgabe wird wegen des Citrat-Überschusses das ionisierte Calcium nicht anheben (Komplexbildung mit Citrat), das Gesamt-Calcium wird aber steigen.
Therapie
Stop/ Reduktion Citratzufuhr, Erhöhung des Dialysatflusses zur Citrat-Elimination. Dialyse in Rücksprache mit Nephrologie anpassen.
Metabolische Alkalose
Auftreten bei unzureichender Dialyse-Elimination des Citrats (oder relativ zu hoher Citrat-Laufrate) und intakter Leberfunktion/ Metabolisierung. Patienten mit erhöhter Transfusionsmenge (ebenfalls Citrat-Quelle!) und geringem Dialysatfluss (< 150 ml/min) sind gefährdet. Ionisiertes Calcium fällt als Erstes durch die pH-Wert-Verschiebung (Citrat wird in Bikarbonat metabolisiert) und Komplexierung des Calciums an Proteine.
Therapie
Citrat-Laufrate reduzieren (Gefahr des Systemverschlusses erhöht sich), Volumengabe von NaCl 0,9% (Kristalloid ohne Puffersubstanz!). Ggf. Umstellung einer 2:1-Genius auf eine 1:1 Genius. KEINE hochdosierte Gabe von Calcium bei asymptomatischen Patienten (kein Calcium-Mangel, Risiko einer iatrogenen Hypercalciämie).
Genius-Dialyse
Allgemeines
Bei der Genius-Dialyse handelt es sich um ein von Fresenius-Medical vertriebenes Ein-Tank-Dialyse-System. Mit dem System sind Hämodialyse, Hämofiltration und Hämodiafiltration möglich. Das Genius-System ist auf Grund seiner Bauweise hochmobil. Auf Grund des Ein-Tank-Systems mit einer Füllung von 90l kann das Dialysat in besonderer Weise Patienten-spezifisch angepasst werden. Es existieren keine Daten, die Vorteile des Genius-System gegenüber anderen Dialysesystemen zeigen. Der Vertrieb des Systems wird mutmaßlich Mitte 2025 eingestellt.
Dialyseregime
Genius am Tag (GAT) | Dialysedauer 4-8h, Blutfluss:Dialysatfluss 1:1 (gelber Konnektor) Flussrate 200 ml/min – max. 350 ml/min | |
Genius über Nacht (GÜN) | Dialysedauer 12-16h, Blut:Dialysatfluss 2:1 (durchsichtiger Konnektor) Flussrate 160 ml/min – 200 ml/min (Blutfluss = 2x Dialysatfluss) | |
Genius rund um die Uhr (GRUNDU, CVVHD) | Dialysedauer bis max. 24h, Blut:Dialysatfluss 2:1 (durchsichtiger Konnektor) Flussrate 130 ml/min – 150 ml/min (Blutfluss = 2x Dialysatfluss) | |
Slow continuous ultrafiltration (SCUF, UF) | Laufzeit max. 72h, kein Dialysat Flussrate 150 ml/min – 250 ml/min |
Citrat-Dialyse Einstellungen
Bei Änderungen des Blutflusses auch die Citratlaufrate angepasst werden.
Beginn der Citratdialyse | ||
---|---|---|
1:1 System | Citratfluss (ml/h) = Blutfluss (ml/min | max. 250ml/mi |
2:1 System | Citratfluss (ml/h) = Dialysatfluss (ml/min) + 4 | max. 215ml/min |
Postfilter-Calcium (5min nach Beginn) | ||
Zielwert | 0,5 – 0,6 mmol/l | |
Postfilter-Calcium | ||
> 0,8mmol/l | Citratfluss um 30-40ml/h erhöhen | |
0,7-0,8mmol/l | Citratfluss um 10-20ml/h erhöhen | |
< 0,5mmol/l | Citratfluss um 30-40ml/h erniedrigen |
Warnmeldungen
Meldung | Beschreibung | Lösung |
---|---|---|
Acu | im Display Blood Volume; zudem Dauerleuchten an der Ampel, nach 30s akustischer Alarm. | Stromausfall-Warnung; Quittierung mit Taste Start/Reset und Strom-Anschluss herstellen |
ACU | im Display Blood Volume; zudem Dauerleuchten an der Ampel, nach 30s akustischer Alarm. | Akku-Leer-Vorwarnung; Dauerleuchten an der Ampel, akustischer Alarm; Quittierung mit Taste Start/ Reset , dringend Strom-Anschluss herstellen |
Akku-Leer | GENIUS schaltet sich ganz ab, akustischer Dauer-Alarm. | Nephrologie kontaktieren. |
24h | im Display Blood Volume | nach 24h Behandlungszeit Stillstand des Gerätes. Alarm wird mit Taste Start/ Reset zurückgesetzt und wird alle 2h wiederholt; Behandlungszeit (z.B. 26h wird im Display angezeigt) |
tESt | in der Status-Anzeige UF-Rate; seit Durchführung des letzten Funktionstests sind mehr als 24h vergangen | Funktionstest manuel starten mit Taste Test . Während der Test läuft (einige Sekunden), leuchten alle Alarm-Lämpchen der Reihe nach auf, ebenso ein kurzer Ton; Während dieser Zeit KEINE TASTE drücken. Nach Test-Ende läuft Maschine normal weiter, Einstellungen bleiben erhalten. |
schwacher Ton 3s, dann laut | Anzeige: rote Diode über UF-Monitor leuchtet Systemdruck reduziert trotz gefüllter Blutpumpe | Systemdruckveränderung durch Lagerung, Clotting, Schlauchklemme oder veränderte Flussrate; Druckalarmgrenzen nachstellen bei Schlauchklemme justieren, bis syst. Druck 50-100 mmHg |
Dauer-Alarm | Luftdetektor leuchtet, Schlauchsystem schlägt, Blutpumpe schmatzt | Zuflussproblem; Zugang prüfen; Das System hat KEINE Luft gezogen; Klemmen am Zugang schließen Neustart wiederholen, bis Luftbläschen Luftdetektor passiert haben (2-3kl. Bläschen) |
Daueralarm | Rote Diode auf UF-Monitor leuchtet, Systemdruck maximal | Rückflussproblem oder System geklottet; Pumpenkopf manuell drehen (3-5 Umdrehungen), bis Alarm aus; wenn geklottet: System vom Patienten trennen, Zugang durchspülen |
Schriller Dauerton | Rote Diode am Blutdetektor leuchtet direkte Sonneneinstrahlung auf Blutleckdetektor | Blutleck! Blut auf der Dialysatseite; System vom Patienten trennen, keine Blutrückgabe; Zugang durchspülen Blutleckdetektor mit Tuch vor Sonne schützen |
Dauerton/Aus | grüne Diode im Hauptschalter leuchtet nicht grüne Diode im Hauptschalter blinkt grüne Diode am Kartenleser blinkt Diode Kartenleser leuchtet rot | Gerät ohne Stromversorgung; Steckdose wechseln Akkus fast leer; sofort Netzversorgung herstellen Chipkarte wurde entfernt; Chipkarte korrekt einführen Gerät vom Patienten trennen, Zugang durchspülen |
E.33 | Anzeigefeld Blood Volume | Blutpumpen-Erinnerungsalarm; steht seit 2 min; Start/Reset drücken |
E.62 | Anzeigenfeld UF-Rat | Selbsttest nicht bestanden; Gerät ein-/ausschalten, Selbsttest durchlaufen lassen |
E.63 | Anzeigenfeld UF-Rat | Int. Fehlermeldung Kartenleser; Gerät ein-/ausschalten, bei erneuter Fehlermeldung Gerät v.Pat. trennen |
E.69 | Anzeigenfeld UF-Rat | Funktion UF-min > 10 min aktiv, bestätigen oder Taste UF-min drücken (aus) |
E.70 | Anzeigenfeld UF-Rat | > 7min Gerätekartenlesefehler; Pat. vom Gerät trennen, keine Dialyse möglich |
AL.5.L | Anzeigenfeld UF-Rat | aktuelles UF-Vol. bei 5l; Alarm zurücksetzen, bestätigen |
E.99 | Anzeigenfeld UF-Rat | UF freigeschaltet, kein UF-Adapter vorhanden; Vorgang wiederhole |
ROT Dauer | Statusanzeige Kartenschacht | keine Dialysefreigabe; Gerät blockiert; keine Dialyse möglich |
ROT blinkt | Statusanzeige Kartenschacht | keine Karte im Schacht; keine Dialyse möglich |
ROT/GELB blinkt | Statusanzeige Kartenschacht | Fehlermeldung intern an den Kartenleser; keine Dialyse möglich |
ROT Flüssigkeits-Sensor | Leckagealarm | Flüssigkeitssensor hat Wasser erkannt; Position des Dialyseadapters prüfen, ggf. austauschen, trockenwischen |
Bedienung
Blut zurückgeben
- entnehmenden Schenkel identifizieren (führt unten in die Rollenpumpe (A))
- entnehmenden Schenkel am Dialysesystem und Shaldon klemmen
- an NaCl-Beutel (B) konnektieren
- Schenkel am NaCl-Beutel knicken, damit er durchgängig ist
- Klemme am angeschlossenen Geräteschenkel öffnen
- Genius starten, bis Blut zurück gegeben ist
- Gerät abnehmen
- Shaldon durchspülen
- mit Citralock blocken (Menge steht auf Shaldon-Konnektor)
- gelbe Stöpsel auf Shaldon aufschrauben
Gerät zirkeln lassen
- UF-Rate minimieren
- Beide Shaldon- und Geräteschenkel klemmen
- beide Geräteschenkel an NaCl-Beutel konnektieren
- Beide Schenkel am NaCl-Beutel knicken, damit sie durchgängig werden
- Klemmen an den Geräteschenkeln öffnen
- Genius starten (NaCl-Beutel ist nun der “Patient”)
- Shaldon durchspülen
- Shaldon mit Citralock blocken (Menge steht auf Shaldon- Konnektor)
- gelbe Stöpsel auf Shaldon aufschrauben
- bei Wiederanschluss Citralock aus Shaldon aspirieren!