Intoxikationen
1. | Eigensicherung beachten - Kontaktgifte (z.B. E605) - Kampfstoffe |
2. | Sicherung der Vitalfunktionen (ABCDE) - Atemwegssicherung nach klinischer Einschätzung (nicht alleine nach GCS) - bei therapierefraktärer Hypotonie ECMO erwägen |
3. | Diagnostik durchführen: - Anamnese (CAVE oft unverlässliche Informationen) - Körperliche Untersuchung - BGA (Glucose?) - Basislabor - Toxikologie-Screening - Bei suizidaler Intoxikation immer Paracetamolspiegel - EKG (QRS-Verbreiterung?, QT-Zeit ) |
4. | Kontakt mit Giftnotrufzentrale aufnehmen |
5. | Indikation für Aktivkohle prüfen (Kontraindikation bei Aspirationsgefahr) - 0,5-1g/kg per os - bei oraler Intoxikation < 1h |
6. | Therapie mit spezifischem Antidot falls verfügbar |
7. | Supportive Behandlung nach Toxidrom |
Allgemeines
Bei Intoxikationen sind Anamnese und körperliche Untersuchung häufig unzuverlässig. Insbesondere bei Bewusstlosigkeit und immer bei fokalneurologischem Defizit sollte eine CT- Kopfbildgebung erwogen bzw. durchgeführt werden. Bei Intoxikationen sind der Grad der Bewusstlosigkeit und Aspirationsgefahr nicht unbedingt streng miteinander assoziiert. Ein GCS < 8 ist daher nicht als absolutes Intubationskriterium zu bewerten, sondern muss im Einzelfall erwogen werden (JAMA 2023). Bei fraglichem Suizidversuch sowie bei unklarer Anamnese sollte immer ein Paracetamolspiegel mit abgenommen werden.
Grundlagen der Diagnostik und Therapie
- Immer EKG (QRS, QT)
- Kardiopulmonaler Status
- Laborentnahme (immer BGA/Laktat), ggf. Tox-Screnning aus Urin, ggf. Paracetamolspiegel
- Frühzeitiger Kontakt Gitnotrufzentrale
- Ggf. spezifische Therapie/Antidot
- Symptomatische Therapie nach Toxidrom
Spezifische Intoxikationen
Trizyklische Antidepressiva
Gehören mit zu den häufigsten tödlichen Intoxikationen. Die Plasmaspiegel scheinen mit der schwere der Intoxikation nur schlecht zu korrelieren. Ab einer Dosis von >15-20mg/ KgKG besteht die Gefahr einer schweren Intoxikation. Es zeigen sich anticholinerge, kreislaufdepressive und kardiotoxische Effekte. Insbesondere das Maß der QRS-Verbreiterung scheint mit der Schwere zu korrelieren. Ab einer QRS-Breite >160ms sollte mit Natriumbikarbonat (8,4% 1ml/ kgKG ) behandelt werden. Cave beim Einsatz von Amiodaron, Ajmalin und Betablockern – diese erhöhen die Kardiotoxizität. Bei langsamer Breitkomplex-Tachykardie Pseudo-VT erwägen – KEINE Amiodarongabe ! Bei schwerer Kreislaufdepression ECLS-Therapie erwägen.
Paracetamol
Häufigste Medikamtenintoxikation in Europa. Toxische Dosis ab 150mg/ kgKG. Beginn mit GI-Symptomatik innerhalb von Stunden. Leberversagen innerhalb von 3-4 Tagen, Bei Verdacht N- Acetylcysteingabe. Bei unklaren Situationen Paracetamolspiegel und Abgleich mit Normogramm
Betablocker
Ab einer Dosis von 450mg Metoprolol, 20mg Bisoprolol, Propranolol >320mg können kardiovaskuläre Symptome auftreten. Bei Bradykardie Atropingabe. Bei Hypotonie Volumengabe ggf. Katecholamingabe. Bei therapierefraktärer Kreislaufdepression ECLS-Therapie erwägen.
Toxidrome
Toxidrome sind Syndrome, die durch Intoxikationen hervorgerufen werden. Toxidrome sind hilfreich bei der supportiven intensivmedizinischen Behandlung von kritisch erkrankten Patienten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund häufig vorliegender Mischintoxikationen oder Intoxikationen mit unbekannten Substanzen. Für die Zuordnung vorliegender Symptome zu einem Toxidrome sind die körperliche sowie apparative Untersuchungen notwendig.
Differentialdiagnostik Toxidrome
Toxidrome | Substanzen |
Sedativa | Benzodiazepine, Hypnotika |
Opiod | µ-Agonisten |
Anticholinerges | Musc. Rezeptoragonsten, Trizyklika |
Cholinerges | Cholinesterasehemmerm Musc. Pilze, Nic. Nikotin |
Sympathomimetisches | Amphetamin, Kokain |
Serotonerges | Kokain, MAO-A, SSRI, SNRI, MCP, Setrone, TCA |
Malignes neurolepetisches | Antipsychotika |
Natrium-Kanal-Blockade assoziierte | TCA-Intoxikation, Antarrythmia, unspez. H1-Blocker |