Akutes Nierenversagen
In diesem Artikel
- Unterscheidung nach KDIGO-Klassifikation in Stufe 1 – 3
- Diuresekriterium (AKI ab < 0,5ml/kg/h innerhalb von 6h)
- Kreatininkriterium (AKI ab Kreatininanstieg > 1,5 oder > 26,4μmol/l)
- Laborbestimmung
- Elektrolyte (Magnesium, Phosphat)
- BGA
- Urinsediment
- Ggf. weitere Diagnostik nach klinischer Situation
- Ausschluss eines postrenalen akuten Nierenversagens (Nieren-und Blasensonographie)
- Optimierung der Hämodynamik (MAP > 65-70mmHg, Lactat?, Echo? ZVD?)
- Nephrotoxische Medikamente pausieren
- ACE-Hemmer, Sartane
- Vancomycin/Aminoglykoside (falls möglich)
- Keine dauerhaft angeordnete Kaliumsubstitution wegen der Gefahr einer iatrogenen Hyperkaliämie (Perfusor ggf. beenden)
- Anpassung der Dauermedikationsdosen an die reduzierte Nierenfunktion
- Bei Oligurie einen Furosemidstresstest (FST) erwägen (Bolus 1mg/kg bzw. 1,5mg/kg bei Diuretikavorbehandlung)
- > 200ml Urin innerhalb 2h - positiv
- < 200ml Urin innerhalb 2h - negativer FST
- Keine weitere Volumensubstitution bei negativem FST, ggf. Versuch eines höheren MAD (85mmHg) bei positivem FST
- Keine weitere Diuretikagabe für 24h nach negativem FST
- Bei ungewöhnlichem Verlauf des Nierenversagens (kein klassischer Auslöser, ungewöhnliche Dauer) erweiterte Diagnostik und nephrologisches Konsil
Definition
Stadium | S-Kreatinin | Urin-Ausscheidung |
---|---|---|
1 | 1,5- bis 1,9-facher Anstieg innerhalb von sieben Tagen oder Anstieg ≥ 26.4 μmol/l innerhalb von 48 Stunden | < 0,5 ml/kg/h über mehr als sechs Stunden |
2 | 2,0- bis 2,9-facher Kreatininanstieg | < 0,5 ml/kg/h über mehr als zwölf Stunden |
3 | ≥ 3-facher Kreatininanstieg oder Serum-Kreatinin ≥ 352 μmol/l mit einem akuten Anstieg ≥ 44 μmol/l | < 0,3 ml/kg/h über mehr als 24 Stunden oder fehlende Urinausscheidung (Anurie) für ≥ zwölf Stunden |
Pathophysiologie
Unter mechanistischen Gesichtspunkten wird das akute Nierenversagen (AKI) in ein prärenales, ein intrarenales und ein postrenales Nierenversagen unterteilt. Bei kritisch erkrankten Patienten ist dabei allerdings zu beachten, dass insbesondere die Unterteilung des prärenalen und des intrarenalen Nierenversagens artifiziell und häufig unzutreffend ist. So sind insbesondere bei der Sepsis/Inflammations-induzierten Nierenschädigung sowohl prärenale (Hypotonie, Hypovolämie) als auch komplexe intrarenale Mechanismen (Zytokin induzierte Tubulusschädigung) beteiligt (Review). Daher sollte unter therapeutischen Aspekten bei oligurischem/anurischem Nierenversagen und Hypotonie zwar ggf. eine Volumentherapie zur hämodynamischen Optimierung erfolgen, gleichzeitig aber einer Volumenüberladung unter der Vorstellung einer alleinigen prärenalen Ursache des septischen Nierenversagens bei nicht Volumen-reagiblen Patienten vermieden werden.
Diagnostik
(S2K-Leitlinie Diagnostik 2021)
Das akute Nierenversagen ist über einen Anstieg des Serumkreatinins bzw. eine Abnahme der Diurese gekennzeichnet. Die Sensitivität des Kreatinins ist dabei eingeschränkt, da es erst bei einer höhergradigen Nierenfunktionseinschränkung ansteigt. Bei adipösen Patienten sollte die Diuresemenge a.e auf das ideale Köpergewicht bezogen werden. Neuere Marker der Nierenschädigung haben derzeit allerdings keinen diagnostischen Stellenwert. Bei allen Patienten mit oligurischem/anurischem AKI muss eine Sonographie von Blase und Nieren erfolgen um ein postrenales Nierenversagen sicher auszuschließen. Bei kritisch erkrankten Patienten sollte eine erweiterte Diagnostik dann erfolgen, wenn das akute Nierenversagen nicht zu Schwere der Grunderkrankung passend erscheint. Erweiterte Differentialdiagnostik wie die fraktionelle Natriumexkretion oder der Harnstoffkreatinin-Quotient haben auf Grund ihrer unzureichenden Trennschärfe für die Unterscheidung von prä-/intrarenalem Nierenversagen keinen Stellenwert bei kritisch erkrankten Patienten (CritCare 2016)
Erweiterter Algorithmus
adaptiert nach S2K-Leitlinie Diagnostik 2021