Pneumonie

Diagnostik und Therapie

Definition und Diagnostik

Pneumonietriade

Für die Therapie und Prognose ist die Unterscheidung verschiedener Entitäten der Pneumonie relevant. Hierbei werden die ambulant erworbene (CAP), die im Krankenhaus erworbene (HAP) und die Pneumonie unter Immunsuppression unterschieden. Insbesondere bei der HAP spielt dabei die Evaluation des Risikos für multiresistente Erreger für die kalkulierte Initialtherapie eine entscheidende Rolle. Hospitalisierte Patienten mit Pneumonie weisen eine erhöhte Rate kardiovaskulärer Komplikationen auf, daher sollte eine etwaige kardioprotektive Vormedikation fortgeführt werden.

Kriterien nosokomiale Pneumonie (HAP)

Pneumonie bei Immundefizit

S3 Leitlinie

  • Neutropenie (< 1000 /μL Neutrophile)
  • Iatrogen-medikamentöse Immunsuppression (z. B. systemische Steroide (≥ 20mg Prednison bzw. Äquivalent täglich über ≥14 Tage oder kumulative Dosis von > 700mg)
  • Transplantation solider Organe
  • Stammzelltransplantation
  • HIV-Infektion bzw. CD4 < 200/μL
  • Antikörpermangelsyndrome
  • Angeborene Immundefekte
  • Aktive hämatologische Erkrankung mit assoziierter schwerer Immunsuppression

Risikofaktoren für Multiresistente Erreger

  • Antimikrobielle Therapie in den letzten 90 Tagen
  • Hospitalisierung ≥ 5 Tage
  • Kolonisation durch MRGN oder MRSA
  • Medizinische Versorgung in Süd- und Osteuropa, Afrika, Naher Osten, Asien
  • Septischer Schock, Sepsis assoziierte Organdysfunktion
  • Strukturelle Lungenerkrankung (fortgeschrittene COPD, Bronchiektasen)
  • bekannte Kolonisation durch P. aeruginosa

Initialtherapie und Komplikationen

Kalkulierte Initialtherapie

Bei der schweren ambulant erworbenen Pneumonie (Beatmung, Organversagen) sollte initial eine Abdeckung atypischer Erreger mit einem Makrolid erfolgen. Bei fehlendem Nachweis atypischer Erreger (incl. Legionellen) wird diese Therapie nach spätestens 3 Tagen beendet. Bei der nosokomialen Pneumonie sollte sich die antimikrobielle Therapie nach dem Risiko des Auftretens multiresistenter Erreger (MRE) richten. Ggf. auch MRSA-Abdeckung insbesondere bei schwerer nekrotisierender Pneumonie mit Einschmelzung oder bekannter Kolonisierung erwägen.

Therapieschemata CAP und HAP

Ambulant erworbene Pneumonie
mittelschwerAmpicillin/Sulbactam3-4x 3gevtl. + Azithromycin
Ceftriaxon1x 2g
Cefotaxim3-4x 2g
Cefuroxim3-4x 1,5g
schwerPiperacillin/Tazobactam3-4x 4,5g+ Azithromycin (1x 0,5g)
Nosokomiale Pneumonie
Kein MRE Risikowie ambulante Pneumonie mittelschwer
MRE RisikoPiperacillin/Tazobactam3-4 4,5g+/- Ciprofloxacin (3x0,4g)
oder Levofloxacin (2x 0,5g)
oder Aminoglykosid
Ceftazidim3x 2g (+!)
Meropenem3-4x 1g

Parapneumonischer Erguss

Parapneumonische Ergüsse und Empyeme sind bei schwerer Pneumonie häufig. Bei Aufnahme und im Verlauf sollte daher eine Pleurasonographie erfolgen. Bei > 10mm Ergusstiefe oder sonographischem Hinweis auf ein Empyem (Septierung, Pleuraverdickung, Fibrose, Echogenität) sollte eine diagnostische Pleurapunktion (pH Messung, Mibi) durchgeführt werden.

Unkomplizierter parapneumonischer Ergussklar, keine Septen, pH > 7,2
Komplizierter parapneumonischer Ergussklar, septiert, Bakterienachweis, pH < 7,2
Pleuraempyemtrüb, eitrig, pH meist < 7,0

Ein unkomplizierter Pleuraerguss wird sonographisch verlaufskontrolliert. Komplizierte Ergüsse und Empyeme werden durch Pleuradrainage entlastet. Bei Septierung Rücksprache mit Thoraxchirurgie bezüglich Indikation zur VATS vs. Fibrinolytika.

Pneumonie bei Immunsuppression

Definition

Bei Immunsuppression treten vermehrt atypische Verläufe bei pulmonalen Infektionen mit den verbreiteten Pneumonieerregern (z.B fehlendes Fieber, fehlender CRP Anstieg), aber auch Infektionen mit Pilzen und virale Pneumonien auf. Für die genaue Definition welche Konditionen als Immunsuppression gelten siehe Definition und Diagnostik.

Diagnostik

  • Initiale CT-Untersuchung zur Identifikation von Pilz/-Virusinfektionen
  • Sputumdiagnostik/Trachealsekret
  • Frühzeitige Bronchoskopie durch Pulmonologie (mit Broncholaveolärer Lavage (BAL) Zytologie + Erregerdiagnostik PCR)

Pneumocystis-carinii-Pneumonie (PcP)

Typische Infektion bei T-Zell-Defekt (insbesondere bei HIV mit CD4-Zellen < 200/μl). Auftreten aber auch bei nicht HIV-Patienten mit medikamentöser Immunsuppression oder unter Therapie mit monoklonalen Antikörpern. Typische Symptome sind trockener Husten, Fieber und Hypoxämie. Nicht-HIV assoziierte Verläufe meistens mit fulminanterem Verlauf.

Diagnostik

CT-morphologisch zeigen sich Milchglasverschattungen und in ca. 1/3 der cystische Strukturen. Zur definitiven Diagnostik BAL (Färbung + PCR). Der PCR Cut-off ist unklar, tlw. gelten > 1450 Kopien/ml als diagnostisch. Laborchemisch ist eine LDH-Erhöhung typisch (Cut-off 495 IU/L für deutlich erhöhte Mortalität), auf Grund der geringen Spezifität von LDH allerdings nur eingeschränkt verwendbar.

Therapie

Die Therapie erfolgt mit Cotrimoxazol (Hochdosis)+ (Prednisolon). Typisch ist eine initiale klinische Verschlechterung nach Beginn der Therapie.

Aspergillus Pneumonie

Typische Infektion nach Transplantation (Knochenmark + solide Organe) und bei Neutropenie. Unterschieden werden: das Aspergillom, die allergische bronchopulmonale Aspergillose, die Aspergillus-Bronchopneumonie und die invasive pulmonale Aspergillose (IPA). Insbesondere die IPA ist bei kritisch erkrankten Patienten relevant. Kann als Co- Infektion bei kritisch erkrankten Patienten mit viraler Pneumonie (Influenza o. Covid-19) auftreten.

Diagnostik

CT-morphologisch typisch ist ein Halo-Zeichen mit rundlicher Verdichtung > 1cm mit Milchglasumrandung , darüber hinaus zeigen sich oft Einschmelzungen mit Luftsichel bzw. kavitäre Läsionen. Beta-Galaktomannan (GM) aus Serum (+ BAL) unterstützt die Diagnose. Eine Kultur aus der BAL ist nur in ca. 30% der Fälle möglich. Bei positiver Kultur DD Kontamination DD Kolonisation. GM-Nachweis aus BAL hat eine höhere Sensitivität als Kultur. Bronchoskopisch können Läsionen in Trachea und Bronchialsystem sichtbar sein. Beweisend ist der histologische Nachweis von Pilzhyphen in der Biopsie.

Therapie

Therapie mit Voriconazol (Spiegelkontrolle zw. Tag 2 und 5 + 1x in folgender Woche). Therapeutischer Bereich (Tal-Spiegel): 1000-5000 μg/L

Virale Pneumonie

Influenza - Pneumonie

Bei Patienten mit respiratorischer Insuffizienz während Epidemie wichtige Differentialdiagnose. Beginn häufig mit Fieber und Muskelschmerzen. Verschlechterung mit ARDS ab Tag 8-10. Im Gegensatz zu SARS-COV2 bei der Influenza häufig bestehende Co- Infektion bei ICU-Aufnahme.

Diagnostik

Die Diagnose erfolgt über Nasenrachenabstrich und Influenza-NAT. Initial im Röntgen-Thorax häufig wenig Veränderungen trotz Hypoxämie. Insbesondere bei kritisch erkrankten mit Influenza-ARDS sollte aus unserer Sicht eine CT-Untersuchung des Thorax (ggf. + Körper) angestrebt werden. Initial und für die Detektion von Komplikationen sollten Ferritin, Infektwerte + PCT und Leberwerte im Verlauf bestimmt werden. Es kann im Verlauf eine hämophagozytische Lymphohistiozytose auftreten.

Therapie

Bei kritisch erkrankten Patienten mit Influenzaverdacht Oseltamivir-Gabe (2x 75mg – bei Niereninsuffizienz anpassen, bei intubierten Patienten Pulver bestellen). Darüber hinaus eine kalkulierte Antibiotikatherapie (bei Infiltrat im RöThx + Influenzanachweis) auch bei fehlendem Erregernachweis. Keine Glukokortikoidgabe. ISOLATION für 7 Tage ab Symptombeginn und bis 24h nach Symptomende (Resp. Insuffizienz oder Fieber) Bei Kontakt FFP2 Maske. Kontaktpersonen für 2 Tage isolieren.

Herpes Simplex Pneumonie

Der Stellenwert des HSV-PCR/IFT Nachweises aus Bronchialsekret (BAL) bei kritisch erkrankten Patienten ist unklar. Häufig findet sich ein HSV-PCR Nachweis bei schwer erkrankten Patienten (mit ARDS ca. 30%), der vermutlich eher einen Marker der Erkrankungsschwere darstellt und nicht als HSV-Pneumonie zu interpretieren ist. Pathognomonisch für die HSV-Pneumonie ist die blutige Tracheobronchitis.

Diagnose

Bei HSV-Tracheobronchitis häufig sichtbare labiale/pharyngeale HSV Läsionen. Diagnostisch ist der zytopathologische Nachweis von Einschlusskörperchen (BAL Zytologie) der in der klinischen Routine häufig nicht gelingt. Die Bestimmung der Viruslast kann daher bei der Diagnose hilfreich sein. Verschiedene Cut-off Werte werden in der Literatur diskutiert. HSV Tracheobronchitis/Pneumonie bei > 8 x 104 /106 Zellen (Sens. 81%, Spez 83%), zum Teil wird auch eine Viruslast von > 105 Kopien/ml als Behandlungsindikation empfohlen.

Therapie

Bei nachgewiesener HSV-Pneumonie oder hoher Viruslast im Trachealsekret (> 105 Kopien/ml) ist eine HSV Therapie vermutlich vorteilhaft. Aciclovir 5mg/KgKG alle 8h für 14-21 Tage (Anpassung an die Nierenfunktion)

CMV Pneumonie

Häufig nach Organtransplantation (Tx), insbesondere in den ersten 100 Tagen nach Tx. Im CT-Thorax unspezifische Befunde mit Noduli, Milchglasinfiltraten und Konsolidierungen. Es treten auch Reaktivierungen bei nicht transplantierten kritisch Erkrankten, insbesondere nach dem 14ten Behandlungstag auf (bis zu 40% bei Patienten mit ARDS und vvECMO). Zur Diagnostik CT-Thorax und CMV-PCR aus BAL. Um die Diagnose zu sichern (proven disease) ist eine transbronchiale Biopsie mit CMV-Antigen (Histo), CMV-DNA (PCR) und CMV-Einschlusskörperchen (Patho/Mikroskopie) notwendig. Bei positiver PCR und klinischen Zeichen (z.B nach abgebildetem Algorithmus) kann eine CMV Therapie erfolgen. Bei hoher Viruslast > 10000/ml sollte vermutlich auch ohne Vorliegen klinischer Faktoren behandelt werden. Die Therapie erfolgt mit Ganciclovir.

flowchart TD subgraph B [" "] direction LR B1[Positive CMV PCR aus Blut<br>oder<br>Positive CMV PCR in BAL<br>Insbesondere ohne Bakteriennachwei] --- B2[Mindestens 2 weitere Faktoren<br>- Leukopenie<br>- Hämophagozytose<br>- Hepatitis<br>- Hyperbilirubinämie<br>- Fieber<br>- Diarrhoe] end A[Respiratorische Verschlechterung<br>unter Beatmung > 14 Tage<br>- Anhaltendes ARDS<br>- Infiltrate] --> B B --> C[Ganciclovir 2x 5mg/kg/d für 14 Tage]

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