Endokarditis
- Bei klinischem Verdacht immer transthorakale Echokardiographie (TTE) durchführen
Notwendigkeit TEE diskutieren (vor allem bei unklarer Diagnose,
intrakardialem Fremdmaterial oder zur OP-Planung notwendig)
- Entnahme von Blutkulturen (3x anaerob/aerob im Abstand von 30min)
- In Abhängigkeit der Klinik/Echokardiographie weitere Diagnostik/Therapie
- Endokarditis gesichert
- Endokarditis möglich
- Endokarditis ausgeschlossen
- Bei gesicherter Endokarditis/hochgradigem Verdacht antiinfektive Therapie beginnen
- Abnahme von 3x BK vorher
- Abnahme von 3x BK vorher
- Notfall-Konsil Kardiochirurgie, vor allem bei
- Akuter Herzinsuffizienz (akute AI/MI/Fistel mit Schock/Lungenödem)
- Unkontrolliertem Infekt (Fieber/BK positiv nach 7-10 Tagen Therapie)
- Lokal unkontrolliertem Infekt (Abszess, Fistel, Aneurysma)
- Kunstklappenendokarditis mit Staphylokokken/non-HACEK gramneg.
- Embolieprävention (Veg. >10mm + bestehender Embolie, Veg. >30mm)
- Device assoziierter Endokarditis (SM/ICD-Elektroden)
- Ausschluss weiterer Infektionsherde, insbesondere:
- Gelenkinfektion
- Milzabszess
- Wirbelsäuleninfekt/Spondylodiszitis
- Lungenabszess bei Rechtsherzendokarditis
- Gegebenenfalls Antikoagulation in RS mit Kardiologie/Kardiochirurgie
Diagnostik
Die klinische Diagnose ist schwierig. Der klinische Verdacht besteht bei Fieber, Bakteriämie mit typischen Keimen (insb. Staphylokken). Am häufigsten ist die Mitralklappe betroffen Mitral -> Aorten -> Trikuspidal -> Pulmonalklappe
. Klassische Endokarditiszeichen (Splinter Blutung etc.) sind sehr selten < 5%. Bei klinischem Verdacht oder bei Sepsis ohne Fokus daher immer Echokardiographie erwägen.
Echokardiographie
- Transthorakale Echokardiographie (TTE) (Sens./Spez. 70%/90% bei Kunstklappen Sens. nur 50%)
- Transoesophageale Echokardiographie (TEE) (Sens./Spez. 90%/90%)
Insbesondere bei Va. Kunstklappenendokarditis und bei beatmeten Patienten mit schlechtem transthorakalem Schallfenster auch direkt TEE.
Septische Embolisation
Septische Absiedelungen sind häufig, insbesondere Milz-/Psoas- und Gelenkabszesse müssen aktiv ausgeschlossen werden. Dies gilt insbesondere vor chirurgischem Klappenersatz.
Erregernachweis
Für den Erregernachweis sollten 3x 2 Paare Blutkulturen zu unterschiedlichen Zeitpunkten vor Beginn der antimikrobiellen Therapie erfolgen. In bis zu 30% der Endokarditiserkrankungen gelingt kein Erregernachweis
Diagnostische Kriterien (Modifikation 2023)
Major Kriterien
Positive Blutkulturen
- Typische Erreger einer Endokarditis aus 2 separaten Blutkulturen
- Staph. Aureus, E. Faecalis, orale Streptokokken, Streptokokkus Gallolyticus, HACEK-Gruppe
- Erreger vereinbar mit Endokarditis aus anhaltend positiven Blutkulturen
- ≥2 positive Blutkulturen im Abstand von > 12h
- 3 positive Blutkulturen oder > 50% positiv bei ≥ 4 Blutkulturen (bei Abstand 1 und letzte BK > 1h)
- > 1 Blutkultur positiv für C. Burnetti oder IgG-Titer > 1:800
Bildgebung positiv
- Echokardiographie
- Kardio-CT
- FDG-PET
- WBC-SPECT
Minor Kriterien
Prädisposition
Kardiale Läsion mit hohem/intermediärem Risiko, i.v. Drogenabusus
Fieber > 38° C
Hinweise auf Gefäßembolisation
- Systemische oder pulmonale Emboli, Infarkte, Abszesse
- Septische Knochen-/Gelenkkomplikationen (z.B. Spondylodiscitis)
- Mykotische Aneurysmata
- Intrakranielle Ischämien, Hämorrhagische Läsionen
- Konjunktivale Einblutungen
- Janeway-Läsionen
Immunologische Hinweise
- Glomerulonephritis
- Osler-Knoten oder Roth Spots
- Rheuma-Faktor
Mikrobiologische Hinweise (ohne Erfüllung Majorkriterium)
Endokarditisklassifikation
Definitive Endokarditis
- 2 Majorkriterium
- 1 Majorkriterium + > 2 Minorkriterien
Mögliche Endokarditis
- 1 Majorkriterum und 1-2 Minorkriterien
- 3-4 Minorkriterien
Therapie
Die Therapie der Endokarditis beruht auf der:
- antiinfektiven Therapie
- möglichen chirurgischen Therapie
- intensivmedizinischen supportiven Therapie.
Antiinfektive Therapie
Die initiale Therapie der Endokarditis erfolgt immer intravenös. Bei nicht kritisch erkrankten Patienten kann unter bestimmten Umständen (siehe ESC 2023) auf eine orale Therapie umgestellt werden. In der Regel erfolgt eine Kombinationstherapie, bei unbekanntem Erreger empirisch (siehe unten), bei im Verlauf bekanntem Erreger wird die Therapie auf eine gezielte (Kombinations)-Therapie umgestellt.
Kalkulierte antiinfektive intravenöse Therapie
Ampicillin (12g/d in 3-4ED)
+ Gentamycin (3mg/kg/d 1x tgl. / Spiegelmessung!)
+ Flucloxacillin (12g/d in 4-6 ED) oder Ceftriaxon (2x 2g/d)
Vancomycin (30-60mg/kg/d in 2 ED, Spiegelmessung!)
oder Daptomycin (10mg/Kg/d 1x tgl.)
+ Gentamycin (3mg/kg/d 1x tgl. / Spiegelmessung!)
+ Rifampicin (900-1200mg iv. 2x tgl. / Spiegelmessung)
Chirurgische Therapie
Eine operative Therapie ist insbesondere indiziert bei akuter Herzinsuffizienz, unkontrolliertem Infekt und hohem Embolierisiko sowie zur Entfernung von Fremdmaterial (Herzschrittmacher). Insbesondere bei Staph. Aureus Endokarditis ist häufig eine chirurgische Sanierung notwendig. Je nach Indikation besteht eine Notfallindikation (kardiogener Schock, Lungenödem), dringliche oder elektive Indikation. Je nach zeitlicher Dringlichkeit kann präoperativ ein Kardio-CT bzw. eine Herzkatheteruntersuchung erfolgen. Besonders schwierig ist die OP-Indikationsstellung bei intrazebrebralen Infarkten/Blutungen mit Endokarditis. Hier muss in interdisziplinären Austausch das zerebrale Blutungsrisiko bei Operation mit Herz-Lungen-Maschine abgewogen werden. Nach Schlaganfällen ohne Hinweis auf cerebrale Blutung soll bei dringlicher OP-Indiktion eine operative Sanierung ohne Verzögerung durchgeführt werden. Nach intrakranieller Blutung soll bei stabiler klinischer Situation eine verzögerte Operation (> 4 Wochen) erwogen werden. Bei instabiler klinischer Situation kann eine dringliche Operation unter Beachtung des Blutungsrisikos und des möglichen neurologischen Risiko erwogen werden.
Intensivmedizinische Therapie
Die intensivmedizinische Therapie folgt den Empfehlungen der Sepsistherapie. Bei hämodynamischer Instabilität kommt der Echokardiographie eine besondere Bedeutung zu um akute kardiale Komplikationen (hochgradige Klappeninsuffizienzen) zu detektieren.
Antikoagulation
Es existieren keine Daten hinsichtlich der Antikoagulation (Embolie vs. Einblutungsrisiko) von Patienten mit Endokarditis (z.B bei mechanischen Klappenprothesen). Das höchste thrombembolische Risiko besteht in der Initialphase/ bei Beginn der antiinfektiven Therapie (1x/ Schicht neurol. Untersuchung). Insgesamt unsichere Evidenzlage, daher interdisziplinären Konsens anstreben. Insbesondere bei Hochrisikokonstellation für Blutungen therapeutische Antikoagulation kritisch überdenken (Stap. aureus Endokarditis, große Vegetation). Bei intrakranieller Blutung: STOP der Antikoagulation. Bei Vorliegen eines hohen Thrombembolierisikos (z.B mechanische Klappe). Wiederbeginn einer therapeutischen Antikoagulation möglichst zeitnah evaluieren.