SARS-CoV-2

COVID-19

COVID-19 Epidemiologie

Symptome

Husten42%
Fieber26%
Schnupfen31%
Störung des Geruchs-/Geschmackssinns*19%
Pneumonie1%
Hautausschlag1%

CAVE Es werden zum Teil auch ausschließlich neurologische Symptome (Delir, Stroke, Bewusstlosigkeit) berichtet

Radiologie

Frühe PhaseTag 0-4Rö-Thorax mit niedriger Sensitivität in der Frühphase (typisch: periphere Milchglasinfiltrate im CT)
ProgressionsphaseTag 5-8Zunehmende Konsolidierungen, bilaterale multilobuläre Beteiligung (reverses Halo-Zeichen)
Peak-PhaseTag 10-13Konfluierende Konsolidierungen
Absorption> Tag 14

Klinischer Verlauf

  • 55 - 85% aller Infizierten zeigen Symptome (geschätzt)
  • 7% der gemeldeten Fälle werden hospitalisiert
  • 14% der hospitalisierten Fälle auf ICU
  • 2% aller erfassten Fälle versterben

Zeitlicher Verlauf

(RKI)

Zeit/ Dauer in Tagen0123456789101112131415161718
Symptombeginn bis Hospitalisierung
Symptombeginn bis Pneumonie
Symptombeginn bis Intensivstation
Symptombeginn bis Lungenversagen
Aufenthaltsdauer im Krankenhaus
Aufenthaltsdauer auf Intensivstation
Symptombeginn bis Tod
Aufenthaltsdauer auf ICU bei invasiver Beatmung

COVID-19 Intensivbehandlung

Allgemeines

Der intensivmedizinische Verlauf ist insbesondere durch das akute Lungenversagen charakterisiert. Im Unterschied zum Lungenversagen durch andere Erreger, ist bei SARS-COV2 das pulmokapilläre System im Sinne einer Endotheliitis in besonderer Weise mitbetroffen. Durch Inflammation des Gefäßendothels und Ausschüttung von vWF-Faktor treten Gefäßverschlüsse mit hoher Inzidenz auf. Neben der Lungenbeteiligung treten drüber hinaus aber auch häufig andere Organkomplikationen (Herz, Niere, Leber etc.) auf.

Zur Behandlung während der COVID-Pandemie wurden etliche Medikamente innerhalb und außerhalb klinischer Studien zur Therapie der COVID-Erkrankung angewendet. Angesichts der niedrigen Vortest-Wahrscheinlichkeit (die wenigsten RCTs bei kritisch erkrankten Patienten zeigen einen Benefit) halten wir die Verwendung von Medikamenten ohne ausreichende Datengrundlage außerhalb klinischer Studien für unethisch und patientengefährdend. Wir empfehlen daher dringend sich auf eine exzellente intensivmedizinische Basistherapie und getestete Medikamente zu beschränken, bzw. sich an großangelegten Studien zur systematischen Untersuchung neuer Therapiestrategien zu beteiligen.

Beatmungstherapie

Ein supportives Vorgehen in Anlehnung an die Behandlung des Nicht-COVID-ARDS erscheint hinsichtlich des Lungenversagens vorteilhaft. Initial kann ein Versuch mit nicht invasiver Beatmung NIV/HFNC erfolgen. NIV mit PEEP scheint dabei der HFNC-Therapie hinsichtlich der Vermeidung von Intubation überlegen zu sein (Recovery RS). Unsere Strategie ist dabei ein Wechsel zwischen HFNC und NIV-Therapie mit wacher Bauchlagerung soweit möglich. Die Kunst dabei besteht darin, den richtigen Intubationszeitpunkt nicht zu verpassen.

Die invasive Beatmung sollte mit an die Lungengröße angepassten Tidalvolumina erfolgen (Driving Pressure < 15mbar). Eine Subgruppe der COVID 19 Patienten (möglicherweise in der Frühphase) zeichnet sich durch eine erhaltene Compliance/hohes pulmonales Gasvolumen trotz schwerer Hypoxämie aus. Insbesondere in dieser Gruppe sollte die PEEP Titration anhand von Atemmechanik und Hämodynamik erfolgen und sich nicht an PEEP Tabellen orientieren.

  • Tidalvolumina nach Driving Pressure
  • PEEP nach Lungenmechanik bzw. Hämodynamik
  • Bauchlagerung nach Proseva Kriterien
  • ECMO-Indikation nach EOLIA-Kriterien

Hämodynamische Therapie

Schwere hämodynamische Instabilität und Hyperlaktatämie in der Frühphase der Intensivbehandlung sind COVID untypisch und sprechen für Superinfektionen oder thrombembolische Komplikationen (TTE, CT-Thorax/Abdomen, Fokussuche). Im Verlauf der Intensivbehandlung scheint eine erhöhte Rate an Pneumothoraces/Pneumomediastinum aufzutreten (auch unter Spontanatmung/HFNC!), so dass diese Komplikationen bei plötzlicher hämodynamischer Instabilität ausgeschlossen werden müssen.

Antikoagulation

In einem aktuellen Plattform-RCT zeigt sich kein Vorteil einer therapeutischen Antikoagulation bei kritisch erkrankten COVID-19 Patienten (im Gegensatz nicht-ICU Patienten) bei gleichzeitig erhöhter Inzidenz von Blutungskomplikationen. Kritisch muss angemerkt werden, dass dabei zur therapeutischen Antikoagulation sowohl NMH als auch UFH verwendet wurden. Die Steuerung der Heparinisierung mit UFH erfolgte häufig über die PTT, was vor dem Hintergrund der hohen vWF/FVIII-Werte in diesem Patientenkollektiv kritisch zu hinterfragen ist (falsch niedrige PTT). Vor dem Hintergrund der aktuellen Daten raten wir dennoch von der Routine-mäßigen therapeutischen Antikoagulation kritisch erkrankter COVID-19 Patienten ab.

Immunmodulation und Steroidgabe

Derzeit werden verschiedene Optionen der Immunmodulation in der Frühphase der intensiv-medizinischen Behandlung diskutiert. Als Standard-Therapie kann derzeit die Therapie mit Steroiden gelten. Darüber hinaus werden Immunmodulatoren (IL6 und Janus-Kinase) eingesetzt. Auf Grund der Vielzahl aktuell laufender Studien unterliegt dieser Bereich kurzfristigen Änderungen. Regelmäßige Updates finden sich in der Therapieübersicht des RKI.

IL6-Antagonist Tocilizumab

Im Remap-CAP und Recovery Trial ergab sich ein Mortalitätsvorteil für die Behandlung mit Tocilizumab innerhalb der ersten 24h nach ICU Aufnahme. Empfohlen ist der Einsatz bei Hyperinflammation (CRP > 75mg/dl) und SpO2 < 92% und schnellem Progress (Zunahme O2, Progress zu NIV/HFNC und innerhalb von 24h nach ITN. Kein Einsatz bei protrahierten Verläufen und > 48h NIV/HFNC oder > 48h nach ITN). Vor Applikation Abnahme HBV/HCV Serologie und Tuberkulosetest (Testergebnisse aber nicht abwarten). CRP/PCT sind nach Tocilizumabgabe nicht verwertbar. Steroidtherapie mit 6mg als Komedikation weitergeben.

Dosierung
(Einmalgabe iv. Es ist eine einmalige Wiederholung nach 12-24h möglich)

   90Kg800mg
< 90Kg600mg
< 65Kg400mg

Steroide

Eine andere mögliche Strategie ist eine höher dosierte Kortikoidtherapie, da in Abhängigkeit von CRP, PCT und Körpergewicht des Patienten die Dexamethasondosierung der Recovery-Studie (6mg) möglicherweise zu gering ist. Insbesondere bei sehr hohem CRP und gleichzeitig niedrigem PCT (< 0,5-2ng/ml) ist daher eine höher dosierte Dexamethasontherapie zu erwägen (20mg Dexamethason für 5 Tage nach DEXA-ARDS Protokoll oder 3x 8mg Dexamethason/Tag). Die COVIDSTEROID2 randomisierte Patient in einen 6mg 1x tgl. und einen 12mg 1x tgl. Arm. Hierbei zeigte sich allerdings kein Überlebensvorteil der Patienten in der 12mg Gruppe, allerdings auch kein Hinweis auf eine erhöhte Rate von Superinfektionen.

JAK-Kinase Inhibitor

Als weitere Therapieoption der Immunmodulation ist derzeit der JAK-Kinase Inhibitor Baricitinib empfohlen (keine Kombination mit Tocilizumab). Das Medikament kann bei High/low-Flow Sauerstofftherapie bzw. NIV-Therapie eingesetzt werden. Die Dosierung beträgt 1x 4mg per os für 14 Tage. Ein Einsatz bei intubierten Patienten wird aktuell nicht empfohlen.

Entisolation

Bei schwerer COVID Erkrankung kann die Entisolierung und Entlassung erfolgen nach Maßgabe des RKI bei > 48h Symptomfreiheit oder nachhaltiger Besserung und frühestens 14 Tage nach Symptombeginn sowie 2 negative SARS-CoV-2-PCR-Untersuchungen im Abstand von 24 Stunden gewonnen aus gleichzeitig gewonnen oro- und nasopharyngealen Abstrichen.

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